Riesenrad und Zuckerwatte

16.10.2016
Zu einem guten Freimarkt gehört natürlich ein Riesenrad. Im Vordergrund: Das Fahrgeschäft „Octopussy“. - Foto: Koller
Zu einem guten Freimarkt gehört natürlich ein Riesenrad. Im Vordergrund: Das Fahrgeschäft „Octopussy“. - Foto: Koller
 © Mediengruppe Kreiszeitung

Bremen - Von Steffen Koller. Zuckerwatte, Aalewürfeln, Riesenrad: Zum 981. Mal lockt der Bremer Freimarkt auf die Bürgerweide. Mit dem Werder-Sieg im Gepäck machten sich am ersten Wochenende Zehntausende von Besuchern trotz Nieselregens und kühler Temperaturen auf ihre Runden über Norddeutschlands größtes Volksfest. Mit dabei: Kopfschmuck, Dirndl, gute Laune – und teils auch ein Alkoholpegel.

„Wer will, wer will, wer hat noch nicht?“, rufen die Budenbesitzer über den Platz. Zwischen blinkenden Lichtern, Bratwurstständen und „Top Spin“ schlängeln sich die Massen über die rund 100 000 Quadratmeter große Fläche auf Bremens Bürgerweide. Es ist Freimarkt, und so wie Werder Bremen mit dem zweiten Sieg der Saison in der Tabelle nach oben klettert, steigt auch die Stimmung zwischen „City Skyliner“ und „Wilder Maus“. Der Geruch von gebrannten Mandeln und Schmalzkuchen hängt in der Luft, während am Autoscooter die Nacht zum Tag gemacht wird.

Frauen in – für Norddeutschland eher untypischen – Dirndln flanieren über das Kopfsteinpflaster. Und vor dem Bayern- und Hansezelt bilden sich lange Schlangen. Hier ein Schnäpschen, da ein Bier – „wir machen uns schick“, heißt es von Manuel und Sebastian (beide 29), die zwar ihre Freunde im Getümmel verloren haben, doch ihrer guten Laune tut das keinen Abbruch. „Wir sind zum Saufen hier. Wir wollen Spaß“, rufen sie beim Gang in eines der Partyzelte. Dann verschwinden sie in den Massen, die bereits kurz vor 22 Uhr auf den Tischen tanzen.

Einmal den Freimarkt kopfüber erleben. Am „Olympia Looping“ kein Problem. - Foto: Koller
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Carolina (23), Rebecca und Christina (beide 24) lassen es heute etwas ruhiger angehen. Also alkoholtechnisch. Dafür wird der Abend zur Zerreißprobe für Stimmbänder und benachbarte Trommelfelle. Rebecca hat Geburtstag, und das soll möglichst jeder wissen. „Happy Birthday…“, schreit das Trio immer wieder in die Nacht. Dann sind auch sie nicht mehr zu sehen. Wie der Großteil der Besucher, deren Zahl nach Ablauf der fünften Jahreszeit wohl auf über vier Millionen beziffert werden kann, wollen auch sie „wenigstens ein oder zwei“ der insgesamt 332 Fahrgeschäfte, Karussells und Imbissbuden ausprobieren, die der diesjährige Freimarkt so zu bieten hat.

So bunt die Lebkuchenherzen, Teddybären, Schießstände und Spielgeschäfte sich präsentieren, so ausgefallen haben sich auch viele Besucher in Schale geworfen. Glitzernder Kopfschmuck gesellt sich zu Lederhosen, künstliche Fingernägel gehen Hand in Hand mit frisch gestylten Haaren über das Pflaster, das für Henning und Konrad (beide 27) „die Welt bedeutet“. „Wir freuen uns schon das ganze Jahr drauf. Endlich ist es soweit“, kann Henning seine Freude kaum im Zaum halten. „Mindestens jedes Wochenende“ wollen er und sein Bruder den Freimarkt besuchen, extra Geld hätten die beiden dafür angespart, erzählen sie und setzen ihre Pläne prompt in die Tat um.

Kurz nach 24 Uhr ist an diesem Sonnabend offiziell Schluss – aber eben nur offiziell. Denn wenn es draußen für die Schausteller heißt: Einpacken, Schotten zu und Kräfte sammeln für den nächsten Tag, geht die Party in den Zelten erst richtig los. „Bis 8 Uhr, vielleicht auch länger“, geben sich die Brüder optimistisch, dass es ein langer Abend wird. Ob sie es geschafft haben? Ungewiss. Falls nicht, bis zum 30. Oktober ist noch Zeit. Bis dahin heißt es: „Ischa Freimaak!“

 

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